SWIPE des Monats Mai

Als Kind habe ich sie geliebt, die Filme mit Panzerknackern und Meisterdieben. Es nötigte mir immer höchsten Respekt ab, wenn es den Einbrecher*innen gelungen war, die meterdicke Stahltür eines Tresorraums aufzubrechen um dort Goldbarren, Wertpapiere oder Bargeld zu stehlen. Schon die Vorbereitungen, um überhaupt an den Tresor zu gelangen waren oft abenteuerlich.

Da wurden nächtelang Tunnels unter einem Haus gegraben, um dann über einen Durchbruch in einen ungenutzten Keller und von dort in den Tresorraum zu gelangen. Zur Vorbereitung gehörte auch immer die Versammlung der ganzen Diebesbande in ihrem Hauptquartier um einen Tisch, auf dem ein detaillierter Plan von Lüftungsschächten, Abwasserleitungen und den Kellerräumen der Nachbargebäude lag. Meist wurde vom Anführer der Bande dann der Plan erläutert und mindestens ein Bandenmitglied zweifelte die Machbarkeit an, da die Zeit zwischen den Wachdienstrundgängen zu kurz oder die Tresortür zu dick sei. Angesichts der zu erwartenden Beute ließen sich aber nach kurzem Disput stets alle auf den Vorschlag ein und übten forthin fleißig für ihr Vorhaben. Bei der Umsetzung des Plans konnten die Spezialist*innen dann ihr Können beweisen: Da wurden mit wassergekühlten Diamantbohrern die Schlösser bearbeitet, mit dem guten alten Stethoskop versucht, die Kombination des Tresors zu „erhören“, mit Schweißbrennern die dicken Stahlplatten durchtrennt oder einfach mit Plastiksprengstoff ein Loch in den Tresorraum gesprengt. Der Sprengstoff und die Diamantbohrer von heute sind Passwörter und Identifikationscodes. Sie stellen mich – wie früher die Panzerkacker – nicht selten vor knifflige Aufgaben und zwar sogar dann, wenn ich nicht fremdes Vermögen stehlen, sondern nur im virtuellen Tresor nach meinem Geld schauen möchte…
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